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BERICHTE

DNF am Powerman Zofingen

Es gibt sicher Rennverläufe, welche ich lieber in einem Bericht wiedergebe als diesen hier. Trotzdem versuche ich es.

Der Powerman Zofingen wurde auch dieses Jahr als Weltmeisterschaft im Langdistanz Duathlon ausgetragen und ist mit seinen 10km Lauf, 150km Rennvelo und 30km Lauf eine echte Herausforderung und ist der härteste Duathlon der Welt. Als Weltmeisterin und somit Titelverteidigerin war es natürlich eines meiner grossen Saisonziele, ein super Resultat an diesem Rennen und vielleicht sogar einen Podestplatz herauslaufen/fahren zu können.

Jedoch stehen die Sterne doch schon seit einem Monat zunehmend schlecht für mich und die Chance, an jenem 8.9.2019 in Zofingen ein gutes und starkes Rennen zeigen zu können ebenso.

Zuvor fühlte ich mich hervorragend, dank einigen langen Trainings und meiner Ironmanteilnahme fühlte ich mich stark und ausdauernd, vorallem auf dem Velo lief es hervorragend. Dann jedoch trainierte ich viel im Berg, absolvierte einige Bergläufe, was zu meiner grossen Passion gehört und ich keinesfalls bereue. Spass und Freude steht bei mir immer im Vordergrund, und nach dem Ironman Frankfurt Ende Juni hatte ich einfach genug von Duathlons und Triathlons und wollte nur noch die Berge geniessen.

So konnte ich auch viermal im Berner Oberland triumphieren, siegte am Vogellisi Berglauf, am Stockhorn Halbmarathon, am Glacier3000Run und am legendären Inferno Triathlon! Auf diese Erfolgsserie bin ich wahnsinnig stolz, v.a. der Inferno-Sieg bedeutet mir extrem viel :-)

Jedoch holte ich mir am Glacier3000Run eine Schleimbeutelentzündung im linken Fuss. Diese erweist sich als wahnsinnig hartnäckig, und obwohl ich alles unternahm um fit zu sein für den 8.9. reichte es nicht. Zudem kam eine üble Erkältung, welche immer wieder in Hustenanfälle ausartete, so schlief ich die Nacht vor dem Rennen auch fast nichts und musste mir nachts eine heisse Honigmilch kochen, um den Husten einigermassen zu bändigen.

Es war von Anfang an ein sehr grosses Risiko in Zofingen an den Start zu gehen. Wie sich der Fuss verhalten würde wusste ich nicht, da ich seit 5 Wochen kein Lauftraining mehr absolvierte. Auch in der Nacht vor dem Rennen, mit den Hustenanfällen, war ich kurz davor, das Rennen abzusagen. Im Nachhinein muss ich gestehen, dass es wahnsinnig naiv und dumm von mir war, an jenem Morgen um 8.00 Uhr beim Start des Elitefeldes an der Startlinie zu stehen. Auch das Wetter, die Nässe und Kälte waren Gift für meinem Hals. Doch wieder mal siegte der sture Steinbockkopf.....

Im Gegensatz zum Inferno Triathlon, wo so ziemlich alles aufging, sollte es an der WM leider nicht so sein.

Kurz vor dem Start sagte ich zu meinem Coach Höisu, ich hätte ein äusserst schlechtes Gefühl und ich sei dumm zu glauben, dieses Rennen halbwegs anständig ins Ziel bringen zu können. Egal, nun war ich hier, ich wollte es unbedingt versuchen!!! Wusste, dass ich beim Startlauf keine Chance haben werde da die Geschwindigkeit aufgrund null Lauftraining fehlen würde, hatte aber dennoch sehr grosse Hoffnung auf die Velostrecke, da dies momentan meine beste Disziplin ist.

Der Startschuss fiel, es ging zur Sache. Ich bildete mit Melanie Maurer und Nina Zoller ein Dreiergrüppchen, dachte ich schaue mal wie lange ich dranbleiben kann. Zu meinem extrem grossen Erstaunen lief es mir super, konnte sehr gut mitlaufen ohne ans Limit zu müssen, und das obwohl das Tempo doch recht schnell war. Jedoch war die Laufstrecke sehr coupiert, die Downhillpassagen wahnsinnig schnell und es hat mir die Oberschenkel sozusagen kaputt gemacht. Ich hätte es wissen müssen, war das Laufen nicht mehr gewöhnt, meine Muskeln streikten. Trotzdem kam ich nur ca. 4 Sekunden nach Nina und Meli in die Wechselzone.

Ab aufs Velo, endlich!!! Ich hatte grosse Hoffnung, die Oberschenkel würden sich auf dem Zweirad „erholen“, wollte die erste Runde auch nicht zu schnell angehen. Dies tat ich auch, übernahm bald die Führung und so fuhren wir als 3er Grüppchen (natürlich mit Abstand) die erste Runde. Trotzdem, meine Beine fühlten sich schon zu Beginn katastrophal an, die Oberschenkel waren „zur Sau“... die Hoffnung auf der 2. Runde einen Gang hochzuschalten verliess mich sofort, als ich nach etwa 50km in einer Kurve in der Unterführung zu viel Risiko nahm und wegrutschte. Der Schock sitzte tief, war aber extrem froh konnten die anderen Mädels ausweichen und kamen nicht auch noch zu fall. Mit aufgeschürftem Hinterteil, geprellter Hüfte und Arm blieb ich zuerst benommen stehen und überlegte was nun zu tun ist. Lange überlegte ich nicht, ich wollte stark sein, rappelte mich auf, riss mich zusammen und stieg aufs Rad. Ok die ersten paar Minuten trampte ich nur so vor mich hin, überlegte aufzugeben, noch bis in die Wechselzone zu rollen. Dann jedoch dachte ich: NEIN!!!! Vergiss es, du fährst weiter und basta! Weiterhin glaubte ich an ein Wunder. Die Radzeit der 2. Runde war katastrophal, aber es war mir total egal. Gab mir nicht mehr gross Mühe, fuhr die Kurven in einem Tempo, in welchem mich eine Schildkröte überholen könnte (gefühlt). Auf der dritten Runde hatte ich wieder mehr Motivation, die Schmerzen waren zwar omnipräsent und doch konnte ich wieder etwas angreifen. So verkleinerte sich auch der Rückstand auf das Spitzenduo auf etwa 3 Minuten nach den 150km. Doch gut fühlte ich mich in keiner Faser meines Körpers. Ich hatte ein ungutes Gefühl, denn die Oberschenkel waren nicht besser, im Gegenteil. Zudem machte es mir grosse Sorgen, dass ich den Fuss sogar auf dem Velo spürte, was sonst nie der Fall war. Dennoch, die vielen motivierenden Zurufe der Zuschauer, Betreuer und Freunden motivierten mich, es dennoch zu versuchen.

So humpelte ich in die Wechselzone, tauschte das Velo gegen die Laufschuhe und lief los. Es dauerte ein paar wenige Meter und ich wusste, ich kann dieses Rennen nicht beenden. Ich könnte mich vielleicht noch zu meinen Eltern, Freund oder Coach quälen, je nach dem wo sie standen. Jedoch war niemand von ihnen da, so musste ich dennoch die Altstadtrunde durchstehen, hoffte dass nicht alle auf der Heiteren oben waren denn so weit könnte ich auf keinen Fall mehr rennen. Jeder Schritt schmerzte, Nina und Meli kreuzten mich, sie liefen zusammen und ich hatte Freude, dass es immerhin ihnen so gut lief. Ich selber seuchte mich noch irgendwie zurück kurz vor die Wechselzone, alle motivierenden Zurufe und der Applaus nützten mir nichts, ich sah meinen Trainer Höisu und fiel ihm in die Arme, es ging nicht mehr. Unter keinen Umständen konnte ich weiterlaufen. Unter Tränen musste ich dem Triathlon Schiedsrichter, welche mich fragte ob ich weiterlaufen werde, mein DNF bekannt geben und den Chip vom Fuss nehmen. So etwas bitteres hab ich in meiner ganzen Sportlerkarriere noch nicht erlebt, worüber ich echt froh bin.

Dann durfte ich mit einer Schiedsrichterin in die Wechselzone um meine Sachen zu holen, und prompt waren alle Kameras auf mich gerichtet, inkl. Liveübertragung auf Grossleinwand wie ich mit mir kämpfte, humpelte und einfach nur traurig war. Die Interviewanfrage der Journalisten musste ich ablehnen, ich brachte kein Wort über die Lippen.

Später kamen auch meine Eltern und Freund von der Heitern, sie verstanden meinen Entscheid und waren froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Dann war ich auch endlich in der Lage, nach einigen Anfragen der Journalisten, ein Interview zu geben, nicht weil ich es unbedingt musste sondern weil ich es wollte, weil ich fand alle die mich angefeuert und unterstützt haben verdienten es zu wissen, dass soweit alles Okay ist.

Solche Momente sind sehr hart, aber es dauerte dennoch nicht sehr lange, bis ich zu meinem Lächeln gefunden hatte. Es wurden sooo viele motivierende und nette Worte von überall her zu mir gesprochen, es wurde mir eine Sonnenblume geschenkt (Merci Priska), einfach toll. Und das beste, ich konnte live miterleben wie das Schweizer Team hervorragende Resultate ins Ziel brachte!!!! Ich war überwältigt, die Tränen der Enttäuschung und des Schmerzes wichen denjenigen der Freude, für das Gänsehautgefühl wo Nina Zoller als erste Frau über die Ziellinie lief und verdient den WM Titel holte! Und Meli als zweite, wie sie gekämpft hat und trotz der Leidensgeschichte zu Silber lief, so genial. Und Corina auf dem Bronzeplatz, sackstark! Und dann noch Jens, hervorragender Zweiter im Männerfeld!!! Wahnsinn!!! :-)

So nahm der Tag für das Schweizer Team dennoch ein gutes Ende.

Ich bedanke mich für alle, die mit mir mitgefiebert und mitgelitten haben, die mich unterstützten, ob mental oder physisch, mir zuruften und m ich motivierten. Dann danke ich auch allen, die mich trösteten und mir zur richtigen Zeit die richtigen Worte mitgaben.

Vielen Dank an meine Eltern, Höisu und Jordi, ihr wart für mich da, den ganzen Tag bei diesem "Sau"-Wetter, merci vielmal.

Nun bin ich wieder etwas schlauer, und umso motivierter, bei meinem nächsten Start alles richtig zu machen :-)

Hier noch ein paar Impressionen (Fotos: Kashography, Zofinger Tagblatt, Eltern, Jordi)

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